Mittwoch, 11. Oktober 2023

GLP fordert volles Ständerecht für die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft

Die Bundesverfassung prägt mehr oder weniger bewusst unser Alltagsleben. Sie stammt aus dem Jahr 1848 und markiert den Übergang vom Staatenbund zum Bundesstaat. Zu den grundlegenden Prinzipien gehören die föderalistische Aufgabenteilung und die Gewaltentrennung sowie freie Wahlen und die Grundrechte.

Anlässlich der Podiumsveranstaltung «175 Jahre demokratischer Bundesstaat» lud Grossratspräsident Bülent Pekerman Mitte September zum gemeinsamen Nachdenken über die Bundesverfassung in den Grossratssaal ein. Unter der Moderation des Soziologen Ueli Mäder erörterten Podiumsteilnehmer:innen aus den Bereichen Politik, Recht, Geschichte, Medien, Sport und Zivilgesellschaft konkrete Vorschläge, wie sich die Verfassung revidieren liesse. Eines der drei Top-Themen unter den diskutierten Vorschlägen war das volle Ständerecht für die ehemaligen Halbkantone der Nordwestschweiz. Über drei Viertel der rund 80 Anwesenden im Publikum sahen es als angezeigt, bei der Bundesversammlung das volle Ständerecht für Basel-Stadt und Basel-Landschaft einzufordern. Die Fraktion der GLP greift dieses Anliegen auf und wird im Grossen Rat und im Landrat einen Antrag für eine entsprechende Standesinitiative einreichen.

 

Informationen zur Veranstaltung «175 Jahre demokratischer Bundesstaat» vom 13. September: Bülent Pekerman, Grossratspräsident, b.pekerman@gmail.com, 076 391 33 60

 

Auf dem Podium der Veranstaltung «175 Jahre demokratischer Bundesstaat» vertreten waren:

Pascal Messerli und Jo Vergeat (Mitglieder des Grossen Rats), Beat Jans (Regierungspräsident Kanton BS), Johannes Vontobel (Gerichtspräsident Kanton BS), Philipp Loser (Historiker, Journalist), Bernhard Heusler (Anwalt, ehem. Präsident FC Basel), Cécile Bessire (Logopädin, Klimaaktivistin: renovate switzerland), Denis Sorie (Operation Libero), Sine Diagne (Verein Mitstimme).    

 

Antrag auf Einreichung einer Standesinitiative betreffend Massnahmen zur Aufwertung der beiden ehemaligen Halbkantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft (Volles Ständerecht)

 

Seit bald einem Vierteljahrhundert, nämlich seit dem 1. Januar 2000, gibt es gemäss Bundesverfassung keine Halbkantone mehr. Die neue Verfassung behandelt damit alle Kantone gleich, bis auf die einschneidende Einschränkung der Vertretung im Ständerat. Darum sind u.a. die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft heute mit nur einem Sitz, statt wie für die meisten Kantone üblich, mit zwei Sitzen im Ständerat vertreten. Das soll sich ändern. Es ist im Jahr des 175-jährigen Jubiläums der Bundesverfassung in föderalistischer und rechtsgleicher Hinsicht nicht vertretbar, an der Ungleichbehandlung der Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt festzuhalten. Die beiden Basel wurden in den Jahren 1832/33 getrennt und dadurch zu sog. Halbkantonen. Man beabsichtigte damit, das Gleichgewicht im Staatenbund und später im Bundesstaat zu bewahren. Da sämtliche Halbkantone der deutschen Schweiz angehörten, hätte deren generelle Aufwertung zu Vollkantonen eine Verstärkung des Übergewichts der deutschen Schweiz gegenüber den romanischen Landesteilen zur Folge gehabt. Die Problematik hat sich seit der Loslösung des Jura vom Kanton Bern jedoch relativiert. Die Loslösung des Jura vom Kanton Bern im Jahr 1979 führte nicht wie bis anhin zur Bildung von zwei Halbkantonen. Niemand wollte dem «verkleinerten» Kanton Bern den Status eines Vollkantons ernsthaft absprechen. Das hatte zur Folge, dass auch der losgelöste Teil Jura zu einem Vollkanton mit zwei Ständeratssitzen wurde. Legt man den Fokus jedoch ganz allgemein auf das Gleichgewicht im Bundesstaat, ist aus heutiger Sicht gerade die Unterrepräsentation der urbanen Gebiete im Parlament im Allgemeinen und im Ständerat im Speziellen offenkundig. Die Aufwertung des Stadtkantons Basel-Stadt und des Kantons Basel-Landschaft mit seiner grossen Agglomeration kann das Gleichgewicht sogar verbessern; mit dem Nationalratssitzverlust für den Kanton Basel-Stadt geschieht aktuell jedoch genau das Gegenteil. Weiter ist darauf hinzuweisen, dass die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft grösser sind als eine Vielzahl von Kantonen mit vollem Ständerecht. Dies entkräftet das oft gehörte Argument einer Übervertretung kleiner (sowie ländlicher) Kantone im Ständerat. Schliesslich gehört der Kanton Basel-Stadt aufgrund seiner Wirtschaftskraft aktuell neben sieben anderen Kantonen (darunter die ehemaligen Halbkantone Appenzell Innerrhoden, Nidwalden und Obwalden) zu den Geber-Kantonen im Nationalen Finanzausgleich, was ebenfalls zeigt, wie wichtig die vollwertige Vertretung der Region Basel auf Bundesebene ist. Gemessen am Bruttoinlandprodukt pro Kopf liegt Basel-Stadt schweizweit ganz vorne. Die Region Basel ist jedoch u.a. bei der Diskussion um die Verwendung der durch ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit generierten Mittel auf Bundesebene nicht adäquat vertreten. Das Aufzählen von Vor- und Nachteilen im Hinblick auf die Aufwertung von ehemaligen Halbkantonen (Volles Ständerecht) ist jedoch nicht zielführend, und insbesondere das bisherige abschlägige Abstellen lediglich auf das Kriterium der historischen Tatsachen kann nicht für die Ewigkeit gelten. Jeder Kanton soll in allen Belangen den anderen gegenüber gleichgestellt sein, wie dies auf individueller Ebene eine Selbstverständlichkeit darstellt. Mittelfristiges Ziel muss sein, kein Kanton minderen Rechts mehr zu sein. Es braucht eine faire Lösung für dieses bundesstaatliche Problem, dies ist im Interesse der gesamten Schweiz angesichts der heutigen Herausforderungen, denen unser Land nur gemeinschaftlich – und ergo auf allen Ebenen gleichberechtigt – begegnen kann.

 

Der Regierungsrat wird daher beauftragt, im Namen des Kantons Basel-Stadt der Bundesversammlung gestützt auf Art. 160 Abs. 1 der Bundesverfassung und § 52 der Geschäftsordnung des Grossen Rats folgende Standesinitiative einzureichen:«Das Bundesparlament und der Bundesrat werden gebeten, die notwendigen Schritte zu unternehmen, damit unter dem Aspekt des Gebots der bundesstaatlichen und föderalen Rechtsgleichheit die ehemaligen Halbkantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft den übrigen Kantonen im Hinblick auf die Vertretung im Ständerat gleichgestellt werden (Aufwertung als Kantone mit Vollem Ständerecht, Änderung von Art. 142 Abs. 4 und Art. 150 Abs. 1 und 2 der Bundesverfassung).»

 

Ein analoger Vorstoss wird auch im Kanton Basel-Landschaft eingereicht.