Montag, 20. April 2020

Motion zur digitalen Teilnahme am Parlamentsbetrieb

Die Coronakrise hat vorübergehend Parlamente lahmgelegt, auch den Basler Grossen Rat. Die zweite März-Sitzung wurde abgesagt, die April-Sitzung kann nur mit gravierenden Einschränkungen durchgeführt werden. Gemäss Mitteilung der Grossratspräsidentin vom 9. April 2020 sollen Mitglieder des Grossen Rats, die einer Risikogruppe angehören, «gemäss den Empfehlungen des Bundesrates bzw. des BAG zu Hause bleiben». Damit wird/soll ein Teil der Ratsmitglieder an der April-Sitzung nicht teilnehmen, was die Entscheide im Rat massgeblich beeinflusst.

Die Situation offenbart eine Schwäche des jetzigen Systems, die in anderen Zusammenhängen schon mehrmals diskutiert wurde: Dass die Ausübung des politischen Mandats im Grossen Rat zwingend an die physische Anwesenheit geknüpft ist. Es ist Zeit, diese Bedingungen zu ändern. Damit könnten auch während einer Pandemie die demokratischen Prozesse aufrechterhalten werden. Zudem könnte man die Benachteiligung von Mandatsträgern bei unvermeidbaren physischen Abwesenheiten wie bspw. durch Krankheit, Unfall oder Elternurlaub beheben (Stichwort Babygate). Ein Thema, das immer wieder diskutiert wird. 

 

Die Digitalisierung bietet diesbezüglich eine grosse Chance. Die digitale Teilnahme an Parlamentssitzungen kann eine Lösung darstellen. Via Live-Stream können abwesende, aber aufnahme-, urteils- und beschlussfähigen Parlamentsmitglieder dem Ratsbetrieb folgen und passwortgesichert abstimmen. Bei entsprechender technischer Lösung würde ihre Abstimmung direkt in das elektronische System des Rats einfliessen und in Echtzeit im Ratssaal angezeigt. Zu prüfen wäre auch, ob sie per Videoprojektion im Ratssaal Voten halten könnten.

 

Die Motionäre verfolgen nicht das Ziel, dass der Ratsbetrieb in Zukunft primär digital abläuft. Damit die traditionelle physische Versammlungsform, die nach wie vor hohe Bedeutung für unser demokratisches System hat, weiterhin Vorrang hat, müsste die Möglichkeit zur Fernteilnahme bewilligungspflichtig sein und vom Ratsbüro genehmigt werden.

 

In Pandemiezeiten wäre ein Parlamentsbetrieb über Live-Stream und Conferencing-Tools vorstellbar und wünschenswert. Die technologischen Voraussetzungen für eine Online-Versammlung wären grundsätzlich gegeben. Was fehlt, sind die rechtlichen Rahmenbedingungen: Die Geschäftsordnung des Grossen Rats fordert beispielsweise die «Anwesenheit» der Ratsmitglieder. Diese und evt. andere gesetzliche Grundlagen müssten angepasst werden, um den Schritt des Parlaments in das 21. Jahrhundert zu ermöglichen.

 

Die Möglichkeit einer virtuellen Parlamentssitzung muss heute juristisch und technisch aufgegleist werden, damit wir künftig dem Parlament die Möglichkeit bieten, wichtige Entscheidungen auch bei unvermeidbarer physischer Distanz zu treffen und weiter zu tagen. 

 

Die Motionäre beauftragen deshalb den Regierungsrat, dem Grossen Rat die gesetzlichen Grundlagen für einen digitalen Parlamentsbetrieb - resp. die Teilnahme daran - zu unterbreiten. 

David Wüest-Rudin, Esther Keller, Sandra Bothe-Wenk
Grünliberale Basel-Stadt