Mittwoch, 22. Mai 2019

Anzug betreffend Transparenz, Interessenkonflikte und Zukunft der Beteiligung bei der MCH Group

Die MCH Group ist eine global tätige, an der Börse notierte Aktiengesellschaft (AG) nach Obligationenrecht (OR) 620ff sowie nach OR 762. Das heisst, der Kanton Basel-Stadt (Kt. BS) besitzt 33.5% der Aktien und sitzt mit anderen (BL; ZH; Stadt Zürich) als direkt selbst haftende öffentliche Körperschaft mit im Verwaltungsrat (VR) der AG. Einsitz ad personam für den Kt. BS nehmen Regierungsrat Christoph Brutschin, Regierungsrätin Eva Herzog und eine dritte Person. Die unternehmerische Performance und die finanzielle Lage der MCH Gruppe sind katastrophal, sie hat in den letzten zwei Jahren einen Verlust an Eigenkapital (EK) von 382 Millionen und eine EK-Quote von noch 11 Prozent (davor 48%) zu verzeichnen, die Aktie hat drei Viertel (!) ihres Wertes verloren. Die Messehallen belasten das Unternehmen schwer (grosse Abschreiber, Belastung der Bilanz). Der Regierungsrat hat am 10. Mai 2019 auf die Interpellation David Wüest-Rudin mit kritischen Fragen zur Situation bei der Messe geantwortet (19.5210.02).

Der Regierungsrat sichert in der Interpellationsantwort zu, dass keine Sanierung notwendig sei. Wenn es so weit käme, könne der Grosse Rat darüber entscheiden (Beteiligung im Verwaltungsvermögen). Er hat jedoch völlig offengelassen, wie es weiter geht und welche Risiken für den Kanton bestehen (inkl. zum Beispiel Frage Hallenkauf). Es ist für Parlamente ärgerlich, ja untragbar, wenn sie von der Exekutive vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Die Anzugstellenden wollen darum Transparenz, frühzeitige Infor-mation über Alternativen, eine politische Diskussion und vor allem im Grossen Rat keine Sachzwänge vorgelegt bekommen, über die sie dann nur noch pro forma entscheiden können, weil keine Alternativen mehr bestehen. 

 

 

 Der gesamte Regierungsrat steht in massiven Interessenkonflikten. Zum Beispiel möchte die MCH Group ihre Messehallen an den Kanton verkaufen. Die Regierungsräte Brutschin und Herzog sitzen dabei sich selbst am Verhandlungstisch gegenüber, einmal als Verwaltungsräte und einmal als Mitglieder der Regie-rung. Sie müssen einerseits die Interessen der Gesellschaft über alles stellen (möglichst rasch verkaufen, möglichst hoher Erlös), andererseits müssten Sie auf der Gegenseite die Interessen des Kantons an oberste Stelle setzen (möglichst tiefer Preis, Schutz der Staatskasse). Interessenkonflikte bestehen auch grundlegend hinsichtlich Zweck und Strategie des Unternehmens: Der Regierungsrat sieht gemäss Inter-pellationsantwort seit langem den Zweck in der MCH Group, «nicht einfach Rendite zu erwirtschaften, sondern einen Beitrag zu leisten dass der Standort Basel ein guter Handels- und Kongressstandort sein kann». Er möchte sogar künftig den Fokus wieder legen auf «das ursprüngliche Ziel: nämlich zu errei-chen, dass die Messe Beiträge im volkswirtschaftliche Standortinteresse leisten kann». Das Ziel hier in Basel die Messehallen zu füllen steht jedoch in Konflikt mit einer Renditestrategie der Digitalisierung und der internationalen bzw. globalen Messetätigkeiten in Asien und Amerika, wie sie die anderen Aktionäre verfolgen. 

 

 

 Hört man sich bei Investoren (aktuellen und potentiellen) um, so fehlt offenbar das Vertrauen in den heuti-gen VR und die Geschäftsleitung. Illustriert wird dies zum Beispiel durch Aussagen eines Investors, der möchte, dass «mehr Kompetenz im Verwaltungsrat implementiert wird. Sieben der 11 Verwaltungsräte der MCH sind Politiker. Wirkliche Kompetenz, wie man einen Eventveranstalter führt, ist da nicht unbe-dingt vorhanden. Das Management konnte deshalb schalten und walten, wie es wollte.» (Erhard Lee am 7.11.2018 auf schweizeraktien.net). Ergänzend steht das Verwaltungsratsranking der Zeitschrift Finanz und Wirtschaft vom 22.6.2018: Der VR der MCH Group liegt auf Platz 164 von 176 bewerteten Verwal-tungsräten. 

 

Der volkswirtschaftliche Nutzen von Messen und Kongressen und damit das Interesse von Basel, dass solche in Basel stattfinden, ist von den Anzugstellenden unbestritten! Insgesamt erscheint jedoch das Konstrukt einer gemischtwirtschaftlichen, aber börsennotierten AG nach OR 762 als risikoreich, mit Inte-ressenkonflikten beladen und daher fragwürdig. Eine andere Form der Förderung ist zu suchen. Der Re-gierungsrat schreibt dazu in der Interpellationsantwort ohne jegliche kritische Reflexion, er möchte «an der Beteiligung an der MCH Group bis auf Weiteres festhalten und damit unter anderem einen Beitrag leisten zur Sicherung von Wertschöpfung vor Ort, die sich durch die Durchführung von Messen und Kon-gressen ergibt». Die Anzugstellenden meinen, dass für die Förderung des Messestandorts Basel Alterna-tiven zum Konstrukt MCH Group gesucht werden sollen. Die Interessenkollisionen zwischen privaten In-vestoren, die Rendite suchen und den Standortinteressen des Kantons wie auch die unternehmerischen Risiken des globalen Messegeschäfts sind zu gross. 

 

Der Regierungsrat soll daher so rasch wie möglich, aber bis spätestens vor der nächsten Generalver-sammlung der MCH Group prüfen und berichten

 

 

  • - wie er die Kantonsfinanzen schützt, die Rückzahlung der Darlehen sichert und einen Nachschuss in die MCH Group verhindert; 

 

  • •- wie er zeitnah den Grossen Rat über die Entwicklung und seine Überlegungen informiert, eine Dis-kussion ermöglicht und verhindert, dass dem Grossen Rat Sachzwänge zum Entscheid vorgelegt werden; 

 

  • -  wie er den Interessenkonflikt eines möglichen Hallenkaufs sowie jener zwischen Standortförderung Basel und Rendite für die Aktionäre aufhebt bzw. transparent macht und seinen Umgang damit regelt; 

 

  • - wie er eine Zusammensetzung des Verwaltungsrats sicherstellt, der das Vertrauen der Investoren und zugleich der öffentlichen Hand geniesst; 

 

  • - mit welcher alternativen Strategie er die Messe- und Standortförderung und den volkswirtschaftlichen Nutzen sichert ohne Beteiligung an der MCH Group bzw. unter Aufgabe des Konstrukts einer ge-mischtwirtschaftlichen, börsennotierten AG nach OR 762. 

 

David Wüest-Rudin, Grossrat GLP