Ein Problem für die MCH Group sind die Hallen (Ueli Vischer in der BaZ vom 3.5.2019). Die Messehallen (Basel und Zürich) mussten im Jahr 2018 um 132,3 Millionen Franken abgeschrieben werden, im Vorjahr bereits um 102,3 Mio.. Ein weiterer substanzieller Abschreiber wäre angesichts der prekären Situation verheerend. Die MCH Group möchte die Hallen an den Kanton loswerden (Hans-Kristian Hoejsgaard in der bzBasel vom 23.3.2019), natürlich zu einem möglichst hohen Preis.
Mitverantwortlich an der Situation bei der MCH Group und von schweren Interessenkonflikten betroffen sind die RR Brutschin und Herzog. Sollte es zum Verkauf der Hallen an den Kanton kommen (und auch bei Kapitalschnitt/-erhöhung), müssen die beiden Regierungsrats-Verwaltungsräte wie die anderen VR auch, die Interessen der Gesellschaft über alles stellen (möglichst rasch, möglichst hoher Erlös), sonst laufen sie Gefahr eine Verantwortlichkeitsklage von Seiten Aktionären oder Anleihensgläubiger. Als RR auf der Gegenseite müssten Sie die Interessen des Kantons an oberste Stelle setzen (möglichst tiefer Preis, Schutz der Staatskasse). Der Interessenskonflikt ist offensichtlich und massiv. Er ist derart gross, dass die beiden RR ihre Aufgabe als VR im Interesse der Gesellschaft zu handeln kaum mehr wahrnehmen können. Deshalb müssten sie per sofort aus dem VR zurücktreten und zwar bevor die für Basel harten Entscheide im VR getroffen werden, bzw. sie hätten an der GV vom 2. Mai 2019 gar nicht erst erneut in den VR gewählt werden dürfen.
Dies gilt auch für die Frage von Kapitalschnitt/-erhöhung: Im Sinne der Schadensbegrenzung sollte der Kanton jetzt aus der Beteiligung aussteigen («Ende mit Schrecken statt Schrecken ohne Ende»). Ein früherer Ausstieg mit weniger Schaden wurde vom Regierungsrat Ende 2017 auf eine schriftliche Anfrage hin mit dem allgemeinen Hinweis auf die Standortförderung noch abgewiesen. Die RR Brutschin und Herzog sitzen als VR auch in dieser Frage sich selbst gegenüber.
Kommt hinzu: Eine so schlechte Performance einer Unternehmung führt in der Regel zu Massnahmen der Eigner, zum Beispiel zum Auswechseln des VRs oder zumindest der Verweigerung der Entlastung von VR und Geschäftsleitung (so kürzlich beim Agrarchemie- und Pharmakonzern Bayer). Offenbar haben aber die Aktionäre keine Notwendigkeit gesehen, dem VR und der Geschäftsleitung angesichts der Kapital- und Wertvernichtung die Entlastung zu verweigern (vgl. BaZ vom 3.5.2019: nur 12 Prozent Nein-Stimmen bei der Entlastung). Haben sich RR/VR Brutschin und Herzog selbst entlastet?
Auch in der strategischen Führung des Unternehmens sind Brutschin und Herzog von wesentlichen Interessenkonflikten betroffen: Die MCH Group wird immer weniger auf Basel fokussiert sein, sondern sich richtigerweise noch internationaler ausrichten (Basel sei zu weit entfernt von den Zielmärkten in den USA und Asien, betonte Ueli Vischer in de BaZ am 3.5.2019). Als VR müssten die beiden dafür plädieren, dass die Messe näher zu den Zielmärkten geht und so Geld verdient wird, als RR sollten sie dafür kämpfen möglichst viel Geschäft in Basel zu haben.
Angesichts der desaströsen Situation und der Interessenkonflikte der zuständigen Regierungsräte stellen sich dem Interpellanten also folgende Fragen an den Regierungsrat:
- 1.) Warum wurden RR Brutschin und Herzog an der GV vom 2. Mai 2019 erneut in den VR der MCH Group gewählt, obwohl sich der Gesamtregierungsrat der schweren Interessenkonflikte seiner Mitglieder Brutschin und Herzog bewusst sein muss, von denen sie im VR der MCH Group und im RR betroffen sind, insbesondere im Zusammenhang der Zuweisung von finanziellen Lasten bei einer nötigen Rettung der MCH Group?
- 2.) Hat der Kanton seine Stimmrechte an der GV vom 2. Mai 2019 wahrgenommen und für eine Entlastung von VR und des Executive Board gestimmt? Wenn Nein, warum nicht?
- 3.) Falls Frage 2 mit «Ja» beantwortet wird:
- 3 a) Wie ist der Entlastungsentscheid zustande gekommen? Wurde die Entlastung im Gesamtregierungsrat beschlossen? Wenn Nein, warum nicht?
- 3 b) Wer hat die Stimmrechte wahrgenommen? Haben RR Brutschin und Herzog ad personam für ihre eigene Entlastung gestimmt?
- 3 c) Wenn ja: Warum erachtet es der Regierungsrat nicht als unhaltbar, dass zwei seiner eigenen Mitglieder über ihre eigene Entlastung in einem VR einer kantonalen Beteiligung mit schlechter Performance und grossen finanziellen Risiken abstimmen?
- 4 a) Warum hat sich der Regierungsrat bei der MCH Gruppe nicht an die eigenen PCG-Richtlinien gehalten, wonach er bei wesentlichen Beteiligungen nicht im VR Einsitz nimmt, gerade zur Vermeidung der offensichtlichen massiven Interessenkonflikte?
- 4 b) Warum ist der Regierungsrat der Meinung, dass seine Mitglieder neben ihrer anspruchsvollen und zeitintensiven Aufgabe in der Regierung ausreichend Zeit, Kraft und Managementkompetenzen haben, zusätzlich das Verwaltungsratsmandat eines internationalen börsenkotierten Konzerns in voller Verantwortung wahrnehmen zu können?
- 5 a) Kann der Regierungsrat einen allfälligen Kauf der Messehallen vermeiden, oder fühlt er sich durch die Umstände gezwungen, diese zu übernehmen?
- 5 b) Sollte ein Verkauf an den Kanton in Betracht gezogen werden: Treten RR Brutschin und Herzog zur Vermeidung der Interessenkonflikte aus dem Verwaltungsrat zurück?
- 5 c) Wenn Nein? Warum nicht und wie gehen die beiden RR im VR mit den dadurch noch manifester werdenden Interessenskonflikten um? Konkret: Geben sie das Dossier im Regierungsrat ab und treten sie im VR in den Ausstand, d.h. nehmen gar nicht an den relevanten Sitzungen teil?
- 6.) Ist die Regierung auch der Meinung, dass sich im Sinne einer finanziellen Schadensbegrenzung für die baselstädtischen Steuerzahlenden ein rascher Ausstieg des Kantons aus der MHC Group aufdrängt (kein «gutes Geld» dem «schlechten Geld» «nachwerfen»; kein «Fass ohne Boden»)?
- Falls Frage 6 mit «Nein» beantwortet wird:
- 7 a) Warum nicht (warum kein rascher Ausstieg)?
- 7 b) Mit wieviel Millionen Steuergelder gedenkt der Regierungsrat eine Sanierung der börsenkotierten international tätigen Aktiengesellschaft MHC Group zu unterstützen und mit welchen Instrumenten?
- 7 c) Wie sieht seine Prognose für die Rückführung dieser Gelder aus?
- Falls Frage 6 mit «Ja» beantwortet wird:
- 8 a) Wie sieht der Zeitplan dieses raschen Ausstiegs aus und
- 8 b) wieviel Millionen hat das Abenteuer MHC Group die Steuerzahlenden dann gekostet?
- 9.) Welche Lehren zieht der Regierungsrat aus der Geschichte MCH Group für ähnliche/künftige solche Beteiligungen?
Besten Dank für die Beantwortung meiner Fragen
David Wüest-Rudin