Mittwoch, 8. Februar 2023

Interpellation betreffend ideale gesetzliche Rahmenbedingungen für die Wohnbau- und Gewerberaumentwicklung auf Transformationsarealen

Die Mietpreise und deren Entwicklung sind in Städten mit Zentrumsfunktion seit jeher ein lebhaft diskutiertes Thema. Im Zusammenhang mit der anstehenden Planung für Transformationsareale in Basel-Stadt und den dafür zu schaffenden gesetzlichen Rahmenbedingungen erfährt sie eine neue Virulenz. Die Wohnkosten belasten das Haushaltbudget nicht nur von unteren Einkommen relativ stark. Das Bundesamt für Wohnwesen geht davon aus, dass eine Belastung von über 25% die Befriedigung anderer Grundbedürfnisse gefährden kann. Die Problematik erschwinglicher Mietpreise trifft ebenfalls wenig Gewinn erwirtschaftende Klein- und Kleinstbetriebe (z.B. Kleingewerbe, Kulturbetriebe)

Da Boden ein nicht reproduzierbar und darum ein beschränkt verfügbares Gut ist, kommt den Transformationsarealen eine tragende Rolle zu. Es gilt diese Areale optimal für das Schaffen von neuem, durchmischtem Wohnraum zu nutzen. Neuer Wohnraum senkt den Nachfragedruck, insbesondere auf bestehenden altbaulichen Wohnraum, und bremst damit die Preisentwicklung. Eine Nutzung dieser urbanen, gut erschlossenen Transformationsareale unterstützt ausserdem eine haushälterische Bodennutzung. Es bestehen jedoch Befürchtungen, dass durch ein hochpreisiges Angebot dieses für viele Haushalte und Betriebe nicht erschwinglich werden könnte. Vor diesem Hintergrund wurde die Initiative «Basel baut Zukunft» eingereicht, welche verlangt, dass auf Transformationsarealen mindestens 50 Prozent des Gesamtbestandes der nutzbaren Bruttogeschossfläche dauerhaft in Kostenmiete vermietet werden müssen. 
 

Gemäss Regierungspräsident Beat Jans wäre die Annahme der Initiative «Basel baut Zukunft» ein Stolperstein für die Umsetzung der Vision für die Entwicklung des Klybeckareals . Auch die Christoph Merian Stiftung, die ihr Engagement aus der bescheidenen Rendite ihrer Immobilien finanziert, lässt verlauten: Wenn 50 Prozent gemeinnützigen Wohn- und Gewerberaum auf dem Dreispitz anbieten müssen, wie von der Initiative gefordert, könne man wegen der ausbleibenden Einnahmen keine Förderprojekte mit Geld aus dem Dreispitz Nord unterstützen.
 

Die Initiative stellt also Forderungen mit weitrechenden Auswirkungen auf Transformationsareale. Selbst Investor:innen wie Pensionskassen oder Stiftungen, die nach Reglement ihre Gelder mit der Notwendigkeit einer gewissen Mindestrendite anlegen, wären offensichtlich nicht mehr in der Lage, Areale wirtschaftlich tragbar zu entwickeln. Beim aktuell durch das neue Wohnraumfördergesetz (WRFG) verschärften Umfeld sowie angesichts steigender Preise und Kapitalkosten ist die wirtschaftliche Tragfähigkeit noch mehr unter Druck. Das Anlagerisiko wird immer grösser und der wirtschaftliche Spielraum immer kleiner. Ein Festhalten an zu hohen Anteilen gemeinnütziger Bauträger bzw. Minimierung der Erträge birgt folglich das Risiko, dass die Grundeigentümer:innen auf den Transformationsarealen andere Szenarien verfolgen werden oder gar eine Transformation verunmöglicht wird. 
 

Will man Regulatorien auf das Notwendige beschränken und nichtsdestotrotz auf Transformationsarealen die idealen gesetzlichen Rahmenbedingungen für neuen, auch bezahlbaren Wohn- und Gewerberaum für verschiedene Bedürfnisse schaffen, so ist ein guter Gegenvorschlag zu erarbeiten. In diesem Zusammenhang bittet der Interpellant den Regierungsrat, folgende Fragen zu beantworten: 
 

  1. a. Wie hoch ist der prozentuale Anteil der Haushalte in Basel-Stadt, die von einer Mietzinsbelastung betroffen sind, die 25% des Haushaltseinkommens übersteigt? Ist bekannt, welcher Art diese Haushalte sind (1-/2-/Mehrpersonenhaushalte)?

    b. Welche Einkommensschichten zu welchen Anteilen leben in der heute verfügbaren Kostenmiete von Basel-Stadt? 

     
  2. Welche Auswirkungen (z.B. auf Volkswirtschaft, Mietangebot und Mietpreise, Steuereinnahmen, Standortattraktivität, Wohlergehen) erwartet der Regierungsrat im Falle einer Annahme der Initiative?

    a. Welche dieser Auswirkungen erwartet er insbesondere in Bezug auf die Transformation der ehemaligen Industrieareale Klybeck und Dreispitz?

    b. Welche dieser Auswirkungen erwartet er in Bezug auf seine kantonseigenen Transformationsareale?

    c. Welche seiner Ziele sieht der Regierungsrat bei einem Transformations-Stopp besonders gefährdet? 

    d. Wird er diese Auswirkungen im Rahmen seines Berichts zur Initiative transparent darlegen? 

     
  3. Welche Möglichkeiten sieht der Regierungsrat, im Gegenvorschlag den Mietwohnungsbau so zu regeln, dass dieser einerseits für die Investoren wirtschaftlich tragbar ist, andererseits die Mietpreisentwicklung für tiefe Haushaltseinkommen dämpft?

    a. Ist der Regierungsrat insbesondere bereit oder sieht er vor, das Modell des preisgünstigen Wohnraums in den Gegenvorschlag aufzunehmen? Wenn nein, warum nicht? 

    b. Ist der Regierungsrat bereit oder sieht er insbesondere vor, das Modell Kostenmiete explizit unabhängig von einer gemeinnützigen Trägerschaft in den Gegenvorschlag aufzunehmen? Wenn nein, warum nicht?

    c. Sieht der Regierungsrat insbesondere vor, den Investor:innen Kompensationen anzubieten (Reduktion Freiflächen, Mehrwertabgabe etc.)? Wird er deren Folgen und die Kosten für den Kanton bzw. die Steuerzahlenden transparent darlegen?

    d. Sieht der Regierungsrat insbesondere vor, im Gegenvorschlag Lösungen einzubringen, die erwirken, dass preisgünstiger oder auf Kostenmiete basierender Wohnraum den spezifischen Zielgruppen, z.B. Familien mit tiefen Haushaltseinkommen, zu Gute kommt? 

     
  4. Auf den Transformationsarealen sollen Mischnutzungen mit Gewerbe entstehen. Um wie viel Prozent der Bruttogeschossfläche könnte es sich auf den Transformationsarealen handeln und wie berücksichtigt der Regierungsrat dies bei den Arbeiten zu einem Gegenvorschlag? 

    a. Sieht der Regierungsrat insbesondere vor, dass Prozentanteile für preisgünstige bzw. gemeinnützige Mietangebote sich auf die Bruttogeschossflächen des Wohnens und nicht die gesamten Areale (inkl. Gewerbe) beziehen? Wenn nein, warum nicht?

    b. Sieht der Regierungsrat insbesondere vor, im Gegenvorschlag auch Lösungen für wenig Gewinn abwerfende Klein- und Kleinstbetriebe zu präsentieren? 

     

https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/analyse-neues-klybeck-das-leitbild-ist-ein-punktsieg-fuer-die-behoerden- ld.2346616

https://www.bazonline.ch/mehr-gemeinnuetzige-wohnungen-bedeuten-weniger-armutsbekaempfung-846529260541